Auf dem Weg zu einer neuen Solidarität

2012 - Pfingsten in Taizé
Bamberg/Taizé. „Eine Woche Taizé ist für mich, wie die Türklinke drücken und endlich wieder nach Hause kommen!“, so beschreibt es Patrik (23) aus Hersbruck zum Ende der Woche. Für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist die Jugendfahrt an Pfingsten in das kleine Dorf auf einem der grünen Hügel im französischen Burgund zum alljährlichen Bestandteil ihres Terminkalenders geworden. Und sie sind es auch, die mit ihrer Begeisterung andere neugierig machen, so dass die Reisegruppe aus Franken jedes Jahr etwas größer wird.
In diesem Jahr waren es insgesamt achtzig junge Leute, die sich aus verschiedenen Orten der Region, von Bamberg, Erlangen, Höchstadt über Neunkirchen am Sand bis hin nach Würzburg, „ökumenisch unterwegs“ auf den Weg nach Frankreich gemacht haben. „Ökumenisch unterwegs“ ist auch der Name des Arbeitskreises, in dem sich katholische und evangelische Jugendstellen und der BDKJ-Diözesanverband zusammengeschlossen haben, um Jugendfahrten nach Taizé zu organisieren. In diesem Jahr wurde die Fahrt begleitet durch Juliana Sitzmann (BDKJ-Diözesanverband), Hubertus Schaller (Evangelische Jugend Bamberg), Lioba Grewe (Erzbischöfliches Jugendamt Neunkirchen) und Björn Scharf (Erzbischöfliches Jugendamt Höchstadt).
Doch was ist es, das eine klosterähnliche christliche Gemeinschaft in der heutigen Zeit zu einem so anziehenden Ort für junge Menschen werden lässt? Neben den täglichen drei gemeinsamen Gebeten in der großen „Kirche der Versöhnung“ besteht das Leben in Taizé aus Bibeleinführungen und anschließenden Gesprächsgruppen, Momenten der Stille und persönlichen Einkehr, den gemeinsamen Mahlzeiten und vielen Begegnungen. Und dann sind da noch die Workgroups, die vielen kleinen und großen Arbeiten für die Gemeinschaft aller, die gerade da sind. Die gemeinsame Arbeit ist typisch für Taizé und trägt zur besonderen Atmosphäre bei. „Irgendwie ist man dadurch gleichzeitig Gast und Gastgeber. Das macht Spaß, ist ein Zeichen von Solidarität und verbindet!“, sagt die 17-jährige Sonja aus Höchstadt.
Um Solidarität geht es auch im aktuellen Brief aus Taizé in dem Frère Alois, der Prior der Gemeinschaft, vor dem Hintergrund der großen Krisen auf dieser Welt, aufruft, sich „auf den Weg zu einer neuen Solidarität“ zu machen. Er fordert auf, im Vertrauen auf Gott aufeinander, auf andere und besonders auf die Schwächsten zuzugehen, zuzuhören und sich sozial zu engagieren. „Die Kraft, um zu einer neuen Solidarität aufzubrechen, wächst aus der tiefen Überzeugung heraus, dass es notwendig ist miteinander zu teilen. Dies ist ein dringendes Anliegen, das die Glaubenden vereinen kann, aber auch Glaubende und Nichtglaubende.“ In einer Welt, die häufig von Misstrauen und Vertrauensbruch geprägt ist, ruft Frère Alois gerade die jungen Menschen auf, neue „Wege des Vertrauens zu bahnen“.
Vertrauen ist etwas das Jugendliche vom Geist in Taizé in ihre Lebenswelt mitnehmen können. Das sieht auch Juliana Sitzmann so. Die ehrenamtliche BDKJ-Diözesanvorsitzende hat die Fahrt in diesem Jahr erstmals mit vorbereit. „Die Brüder vertrauen darauf, dass Woche für Woche die Treffen mit tausenden von Jugendlichen ohne große Regularien gelingen. Dieses Vertrauen bringen sie auch uns Jugendlichen entgegen und in der Einfachheit des gemeinsamen Lebens in Taizé setzt sich diese Haltung auch untereinander fort.“ Einfachheit und Vertrauen sind zwei Dinge, die die Menschen in Taizé verbindet, aber auch das gemeinsame und doch ganz persönliche Gebet, das Suchen nach den Quellen des Glaubens und der Stimme des eigenen Herzens in dieser bewusst gesetzten Auszeit vom Alltag. „Mit so vielen Menschen in der Kirche zu sein, zusammen zu singen, zu beten und einfach mal still zu sein, das ist so schön hier. Man lebt hier mehr zusammen, man lernt so viele Menschen kennen, die alle zwar total verschieden aber zugleich auch aufgeschlossen sind. Dadurch entsteht ein unglaublich starkes Gemeinschaftsgefühl, niemand wird ausgegrenzt, alle sind in Taizé willkommen.“, schwärmen Laura und Lara aus Bamberg. Dies bestätigt auch Jugendreferent Björn Scharf, der 2002 erstmalig über die Dekanatsjugendstelle Höchstadt eine Fahrt angeboten hat und in diesem Jahr mittlerweile zum zehnten Mal mit Jugendlichen nach Taizé gekommen ist: „Damals waren wir acht Leute, vorwiegend aus dem Umfeld der Jugendstelle. Heute haben wir bei unseren Fahrten junge Menschen aus allen Schulformen dabei, ebenso wie Studenten oder Auszubildende und auch jungen Menschen mit Behinderung versuchen wir die Teilnahme zu ermöglichen. Neben katholischen oder evangelischen Jugendlichen fahren auch immer wieder Jugendliche mit, die keiner Religion angehören und für die die Woche in Taizé nicht selten ein erster Schritt ist, auf der Suche nach dem Glauben im eigenen Leben.“
Ein Beispiel für die Unvoreingenommenheit unter den Jugendlichen in Taizé, war der von Michaela (20) aus Adelsdorf ganz spontan vorgetragene Song „Mein Traum“, in dem sie vor etwa 70 jungen Menschen in ihrer Bibelgruppe, von ihren ganz persönlichen Träumen, Hoffnungen und Sorgen singt, sich traut ihre Gedanken und Gefühle in dieser Runde auch öffentlich zu machen. „Alle waren ganz ruhig, hörten gespannt zu, das ging unter die Haut, dann war das Lied zu Ende, Applaus, eine steht auf, dann noch jemand, dann alle, standig ovations minutenlang! Ein echtes Mut-mach-Lied!“, so Katharina (30) aus Lauf a.d. Pegnitz.
An Pfingsten waren es in diesem Jahr knapp 3000 Jugendliche und junge Erwachsene, die eine Woche lang das gemeinsame Beten, Arbeiten und Leben miteinander und zusammen mit den Brüdern der ökumenischen Gemeinschaft, der Communauté gestalteten. Seit Jahrzehnten ungebrochen ist der Strom vorwiegend junger Menschen, die wöchentlich neu in den kleinen Ort kommen, der nunmehr seit über 65 Jahren die Heimat der Communauté ist. Seither haben die, die wieder nach Hause zurückkehren, auch die Gesänge von Taizé mitgebracht und in aller Welt verbreitet. So erklingen die Gesänge auch im Gebiet der Erzdiözese Bamberg in vielen kleinen und größeren Taizé-Gebeten bis hin zur alljährlichen „Nacht der Lichter“ im Bamberger Dom.
Mehr Informationen, zu den Fahrten nach Taizé (die nächste vom 05.-12. August) und zu den Gebeten mit Gesängen aus Taizé in der Region, findet man auf der Internetseiten von www.ökumenisch-unterwegs.de oder www.bdkj-bamberg.de. Die „Nacht der Lichter“ im Bamberger Dom ist in diesem Jahr für Freitag den 9. November geplant, Beginn um 19.30 Uhr.