Die Jugend bleibt bunt

Der BDKJ-Diözesanverband hat seine Kampagne WILLLENSSTARK! mit Workshops und einer Podiumsdiskussion eröffnet

Mit einem Kopfschuss aus nächster Nähe ermordet im Sommer 2019 der rechtsextreme Stephan E. den hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der sich für Geflüchtete eingesetzt und sich gegen rechte Parolen gestellt hatte. Im Oktober erschüttert ein antisemitisches Attentat Halle. Der Rechtsextremist Stephan B. will ein Blutbad in einer Synagoge anrichten. Als es ihm nicht gelingt, in das Gotteshaus einzudringen, erschießt er ziemlich wahllos zwei Menschen. Am 19. Februar 2020 ermordet der 42-jährige Tobias R. aus rassistischen Motiven in Hanau in und vor zwei Shisha-Bars neun Menschen. Während die rechtsextreme Gewalt zunimmt, sitzt in den Parlamenten von den Städten, über die Länder bis hin zum Bund mit der AfD eine rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei.
Der BDKJ-Diözesanverband Bamberg hat deshalb die Kampagne WILLENSSTARK! ins Leben gerufen. Sie will Jugendliche für die Demokratie begeistern und sie dazu befähigen, rechtsextreme Tendenzen zu erkennen und ihnen entschlossen entgegen zu treten. Beim offiziellen Auftakt der Aktion am 13. Februar 2021, der digital stattfand, sagte auch Erzbischof Schick in einem vorab aufgezeichneten Grußwort: „Da haben wir eine Aufgabe und einen Auftrag. Christen sind Menschen, die einen weiten Horizont haben und ein weites Herz. Populismus, Faschismus, Nationalismus - das hat etwas mit Enge zu tun.“ Der Kampagne und den Jugendlichen wünscht er, als Erzbischof und Schirmherr der Kampagne daher viel Erfolg bei ihrem Einsatz für die Demokratie.
Nach verschiedenen, gut besuchten Online-Workshops - etwa bei dem Theaterpädagogen Dirk Bayer zu der Frage „Ist Hitler eine Witzfigur“ - streamte der BDKJ am Abend eine Podiumsdiskussion über den YouTube-Kanal „Jugend im Erzbistum“ unter dem Titel „So bleibt Jugend bunt – wie wir uns gegen rechte Strukturen wehren“. Zwei Stunden lang diskutierten Expert*innen die Frage, welche Gefahr rechte Strukturen für Jugendarbeit bilden und wie Jugendarbeit sich dagegen wehren kann. Interessierte können sich die Aufnahme auch im Nachhinein auf YouTube anschauen.
Wie sehr die AfD die politische Debatte in Deutschland schon verändert hat, machte Matthias Fack, Präsident den Bayerischen Jugendringes deutlich: Der Satz „Das wird man doch noch sagen dürfen“ sei immer häufiger zu hören, was dann folge, sei meist rassistisch, ausländerfeindlich oder rechtsextrem. Die AfD hat so eine Sprache salonfähig gemacht, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. „Natürlich darf man in Deutschland alles sagen, was nicht strafbewehrt ist. Aber wir müssen auch deutlich machen, warum man manches einfach nicht sagt“, so Fack. „Da heißt es klare Kante zeigen.“
Wie das geht, zeigt Arif Taşdelen. „Einem Antrag der AfD im Bayrischen Landtag werde ich nie zustimmen, allein weil er von der AfD kommt.“ Für den jugendpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion verbietet es sich, mit einer Partei zusammenzuarbeiten, die in Teilen rechtsextrem und rassistisch ist. Dem pflichtet auch die Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair bei: „Im Grundsatzprogramm der AfD heißt es, dass Multikulti dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft schade.“ Damit richte sich die Partei gegen alle Menschen mit Migrationsgeschichte. „Sie will quasi ein Viertel der Jugendlichen ausschließen.“
Und das geschehe schleichend - wie die Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses. Daher sei es ungemein wichtig, auch einen Blick auf die Ziele und Praktiken der AfD in der Jugendpolitik zu werfen. Benno Hafeneger hat in seiner Studie „Die AfD und die Jugend“ die Politik der AfD-Fraktionen in Bundestag und den Landtagen unter die Lupe genommen. Sein Fazit: Die AfD versuche auch in der Jugendpolitik die Debatte nach rechts zu verschieben. Aus einem parteipolitischen Neutralitätsgebot der Jugendarbeit mache sie ein politisches Neutralitätsgebot. Sie fordere quasi, dass Jugendarbeit sich nicht für eine demokratische und plurale Gesellschaft einsetzen darf. In der Folge gebe es dann zahlreiche Anfragen - etwa zu den Auftritten bestimmter Bands in Jugendzentren. Diese Nachfragen könnten mittelfristig dazu führen, dass eine Veranstaltung gar nicht erst geplant werde, weil man nicht von Rechtspopulisten verunglimpft werden möchte. Im bayerischen Landtag machte die AfD jüngst sogar deutlich, dass sie dem Bayerischen Jugendring am liebsten alle Zuschüsse streichen würde. Betroffen wären davon alle Jugendverbände und Jugendringe in Bayern und damit mehr als zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen.
Unter dem Titel „WILLENSSTARK! Laut für Demokratie“ wird die Kampagne des BDKJ-Diözesanverbandes Bamberg in der nächsten Zeit vor allem in Jugendgruppen vor Ort durchgeführt. Die Diözesanebene erarbeitet und plant dafür in Zusammenarbeit mit Expert*innen Module für verschiedene Altersgruppen. Die Workshops können von allen Jugend(verbands)gruppen gebucht und mit diesen durchgeführt werden. Ziel des Programms ist es, junge Menschen für die Gefahren von Rechtsextremismus zu sensibilisieren und für die Demokratie zu begeistern.
Die Auftaktveranstaltung wurde vom BDKJ-Diözesanverband Bamberg in Kooperation mit der Akademie CPH und dem BDKJ Nürnberg-Stadt e.V. veranstaltet. Finanziert wurde sie unter anderem über das Programm der Partnerschaft für Demokratie leben! in Nürnberg.

