Eine neue Schule für Bayern

BDKJ diskutiert mit Reformpädagoge Otto Herz über Bildungsreform
Bamberg/Ebermannstadt. Lernen, das soll vor allem eines – Spaß machen. Dieser Auffassung ist der Bielefelder Reformpädagoge Otto Herz, und diese Meinung vertritt auch der Diözesanverband der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) Bamberg. Auf der vergangenen Diözesanversammlung des BDKJ auf Burg Feuerstein diskutierten die Delegierten der Dekanate und Verbände mit Herz über dringend nötige Bildungsreformen. Der BDKJ fordert „Eine neue Schule für Bayern“.
„Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“, lautet eine alte Bildungsweisheit. Doch momentan sehe die Realität für Schüler an bayerischen Schulen ganz anders aus: Leistungsdruck durch das verkürzte Abitur (G8), Versagensängste angesichts frühzeitiger Selektion bereits in der Grundschule und das Wiederkäuen auswendig gelernten Wissens als Grundlage einer vom Pisa-Schock geprägten Leistungsbewertung – das sei die Bildungswirklichkeit wie sie Kinder und Jugendliche heute allzu oft erfahren. „Die meisten sind pathologisch nicht so krank, dass sie permanent schlechte Erfahrungen machen möchten“, meint Otto Herz. Ein neues Bildungssystem müsse her, das diesen Namen auch verdiene, ist der Diplom-Psychologe überzeugt. Denn Lernen sollte für Kinder und Jugendliche eine positive Erfahrung sein. „Erfolgreiches Lernen“, so Herz, „geht alleine über die Stärkung der Stärken“. Deshalb sollte Bildung ein ganzheitliches Konzept sein, dass Kinder und Jugendliche mit all ihren Fähigkeiten fördert und nicht nur abfragbares Wissen vermittelt. Nicht von der Wirtschaft oder der Politik formulierte Bildungsziele sollten im Mittelpunkt des Lernens stehen, sondern das Kind mit seinen eigenen Bedürfnissen. Schule müsse Zusammenleben in der Vielfalt lehren und Unterschiede respektieren. Ein notendiktiertes Schubladendenken lehnt Herz ab.
Eine Pädagogik, die vom Kind her entwickelt ist, das fordert auch der BDKJ. Deshalb tritt der Dachverband der katholischen Jugendverbandsarbeit für eine Schule ein, die Kinder und Jugendliche als Subjekte in den Mittelpunkt stellt. „Als Diözesanverband stellen wir uns ganz auf die Seite des BDKJ Landesverbandes, der für Bayern die Vision einer neuen Schule entwickelt hat, die mit Lob motiviert, die sich als Lebensraum von Kindern und Jugendlichen auch außerschulischen Bildungspartnern öffnet und Grundkompetenzen zur Gestaltung des eigenen Lebens vermittelt“, sagt BDKJ-Diözesanvorsitzende Tina Muck. Deshalb sollte Schule auch Raum für Lern- und Übungszeiten bieten, damit Kinder und Jugendliche am Ende eines Schultages ein Leben jenseits von Hausaufgaben haben. Diese neue Schule sollte spätestens um 16 Uhr enden, damit Schüler auch noch Zeit haben, ihre Freizeit selbst zu organisieren und zu gestalten.
Ferner sollte das Bildungssystem gerecht sein und allen Schülern, gleich welcher sozialen Herkunft oder Abstammung, die gleichen Chancen auf Bildung und Ausbildung ermöglichen. „Das dreigliedrige Schulsystem in seiner jetzigen Form kann dies nicht leisten“, ist Muck sicher. Es sei zu undurchlässig und zu selektiv. Es lasse eine Förderung der individuellen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen nicht zu. Daher fordert der BDKJ die regionale Ganztagsschule, die alle Kinder und Jugendlichen bis zum Schulabschluss nach der zehnten Klasse besuchen. Dieser Bildungsabschluss eröffne dann Zugänge zur Berufsausbildung oder zum Erwerb der Hochschulreife.
Diese Interessen auch an den eigenen Schulen zu vertreten, dazu wollte der BDKJ die jugendlichen Mandatsträger der Diözesanversammlung in der Diskussion mit Otto Herz befähigen und motivieren. „Ferner“, so Tina Muck, „sehen wir unsere Aufgabe darin, unsere Vision einer neuen Schule für Bayern über Lobbyarbeit in die Politik einzubringen.“