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Jugendarbeit als Schule fürs Leben

BDKJ DV 2014-1 Studienteil
Datum:
Veröffentlicht: 2.4.14
Von:
Philipp Fischer (-paf-)
Siemens-Vorstand, Prof. Dr. Siegfried Russwurm sprach bei der Diözesanversammlung des BDKJ im Erzbistum Bamberg über erfolgreiche Vorstellungsgespräche, sympathische Selbstsicherheitsauftritte und gewinnbringende Soft-Skill-Einsätze
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Burg Feuerstein. Warum der Hochzeitswalzer für Vorstellungsgespräche wichtig ist, googeln der Chancengleichheit dient, Schaugelaufen nur mit Inhalt werden sollte, und der „Blaue Saal“ manchen Kleingeist entlarvte: Das und mehr erfuhr die Diözesanversammlung (DV) des BDKJ im Erzbistum Bamberg. Wofür die Verantwortlichen in der kirchlichen Jugendarbeit einstehen, weiß Prof. Dr. Siegfried Russwurm. Schließlich beschritt der Siemens-Vorstand den Weg vom Diözesanvorstand zum Manager eines der führenden Energiekonzerne. Er löcherte von 1985 bis 1991 im „Blauen Saal“ der Burg Feuerstein bei der DV ebenso die Referenten des Studienteils. Selbst plauderte er aus dem Nähkästchen – über Vorstellungsgespräche, Soft-Skills, Menschenkenntnis und, dass man vieles Gewinnbringende davon in der kirchlichen Jugendarbeit lernt.

Darauf fokussierte sich Fragensteller Stefan Hofknecht. Wie die Versammlung war er überrascht, als Siegfried Russwurm, heute CEO (Chief Executive Officer) des Industry Sector und Vorstandsmitglied der Siemens AG, zunächst herzlich bat, „Lassen Sie den ‚Professor‘ weg“, um sogleich die Komplexität der Soft-Skills zu entzaubern: „Soft-Skills sind keine echte Wissenschaft. Sie sind für mich der Umgang mit Menschen.“ Indirekt sprach er allen Anwesenden zu, auf bestem Weg dazu zu sein: „Umgehenkönnen mit Menschen unterschiedlicher Art ist eine wichtige Eigenschaft, die man in der Jugendarbeit lernt.“ Dazu gehöre, kultiviert streiten und akzeptieren zu können, wenn man nicht Recht bekomme, und manche Situationen auszuhalten.

Nicht nur die Sitzungskultur lernte er in der kirchlichen Jugendarbeit: „Wer Diözesanversammlungen leiten kann, hat die Grundregeln gelernt, wie man eine Aufsichtsratssitzung leitet.“ Mehr noch: „Die Entzauberung von Politikern hat hier im ‚Blauen Saal‘ stattgefunden.“ Ganz normale Menschen seien es – leider ab und an mit großem Namen und kleinem Geist. „Damit umgehen, dass es unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Motivationslagen gibt, ist das Wichtigste, was ich hier gelernt habe“, gab Russwurm zu.

Nützlich sei das auch bei Vorstellungsgesprächen. Man sollte mit Aufmerksamkeit eintreten, mit Neugier, was man vom Gegenüber lernen könne. Indes sollte man seine ersten Bewerbungsgespräche nicht beim favorisierten Unternehmen machen, um die besondere Gesprächssituation kennenzulernen. „Da gilt wie beim Hochzeitswalzer: Vorher heimlich üben.“

Hilfreich sei gute Vorbereitung: Stellenanzeige lesen, über Firma und Gesprächspartner informieren. Hoch sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Stellenausschreiber über den Bewerber per sozialer Netzwerke erkundigt. Googeln über den Personaler sei im Sinne der Chancengleichheit erlaubt, sagte der Siemens-Vorstand augenzwinkernd.

Ist es sinnvoll, kirchliche Jugendarbeit ins Gespräch zu bringen? „Die meisten Personaler sind Profi genug, den Soft-Skill-Aspekt von strukturierter Jugendarbeit schätzen zu wissen.“ Also: erwähnen, Reaktion abwarten und zugespielte Bälle aufgreifen. Ein solches Gespräch sei zudem ein guter Test, um herauszufinden, ob man seine Meinung äußern könne – aber nur, wenn man gefragt werde, eine habe und begründet vertreten könne.

Das sei Selbstsicherheit. Arroganz sei, zu allem eine Meinung, auch ohne Hinter-grund zu haben. Sowieso sei es ein schmaler Grat zwischen Selbstsicherheit und Arroganz. „Ein Bewerbungsgespräch ist in gewisser Weise Schaulaufen“, betonte der Experte. Von anderen abheben könne man sich, indem man durch Inhalt überzeuge, dem Gegenüber aber die Wertung überlasse. Beispiel für Arroganz: „Ich kann Großveranstaltungen organisieren.“ Beispiel für Selbstsicherheit: „Mein Verband hat mich betraut, über sechs Jahre Großveranstaltungen zu organisieren.“ Jemand der dazu nicht fähig wäre, wäre nicht so lange beauftragt worden, offenbarte Siegfried Russwurm den Schluss, den ein guter Personaler ziehe.

Doch wie eigene Schwächen erkennen und benennen? „Nennen Sie als Schwäche nur etwas, das aus Sicht des Arbeitgebers eine Stärke ist, zum Beispiel: ‚Ich arbeite zu viel und kann nicht delegieren.‘ Alles andere ist falsche Ehrlichkeit.“ Und Stärken? Freude beim Tun und voller Einsatz seien wichtig, meint Russwurm: „Wenn ich weiß, dass ich mit Menschen umgehen kann, dann strahle ich das aus – nicht arrogant, sondern selbstsicher.“