Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede
12 Jahre deutsch-polnischer Jugendaustausch zwischen den Erzdiözesen Bamberg und Stettin-Cammin
Bamberg/Stettin-Cammin. Emilia Mierzwińska sitzt mit 150 anderen Jugendlichen im Schatten der aufgestellten Pavillons und wartet auf das Mittagessen. Seit morgens um fünf Uhr ist die 15-Jährige bereits auf den Beinen, 17 Kilometer zu Fuß liegen schon hinter, fünf noch vor ihr. Danach warten sechs Stunden Busfahrt auf sie - zurück nach Hause in die polnische Diözese Stettin-Cammin. Anstrengend? Ja. Aber von Müdigkeit oder schlechter Laune keine Spur. Ganz im Gegenteil: Emilia ist gerne bei der Diözesanjugendwallfahrt dabei. Bereits zum zweiten Mal nimmt sie an einer Begegnungsfahrt in die Erzdiözese Bamberg teil. Der deutsch-polnische Jugendaustausch zwischen den beiden Bistümern kann inzwischen bereits auf eine 12-jährige Tradition zurückblicken.
Als eine „Begegnung mit verschiedenen Sprachen, Lebensform und Arten der Spiritualität“ bezeichnet Diakon Burkhard Farrenkopf den Austausch. Farrenkopf ist Seelsorger im Jugendhaus Burg Feuerstein und seit acht Jahren einer der Organisatoren und Leiter der deutsch-polnischen Begegnungsreisen. „Die Jugendlichen haben großes Interesse daran, etwas über die Lebenswelten, die Jugendarbeit und den Glauben in der jeweils anderen Kultur kennenzulernen“, begründet Farrenkopf das große Interesse am Austausch, an dem allein in diesem Jahr 20 Deutsche und 40 Polen teilnähmen. So erlebten die deutschen Gäste in Stettin-Cammin beispielsweise Formen des Gottesdienstes, die für sie ganz neu seien. „Die jungen Menschen lassen sich auf den oft viel lebendigeren Glauben in Polen ein, denken darüber nach und sind begeistert von diesen Erfahrungen“, gibt Farrenkopf seine Eindrücke wider.
Auch Kaplan Grzegorz Jankowiak, der die polnische Jugendgruppe begleitet, ist davon überzeugt, dass die Beteiligten von den Begegnungen nur profitieren können. „Es ist für Jugendliche sehr wichtig, Menschen aus anderen Kulturen kennenzulernen und so Vorurteile abbauen zu können“, sagt Jankowiak, der selbst mehrere Jahre in Deutschland gelebt hat. Die deutsch-polnische Geschichte zeige, dass die beiden Nationen nicht immer in Frieden miteinander gelebt hätten und gerade deshalb sei es für ihn von großer Bedeutung, „dass ich dazu beitragen kann, Brücken zu bauen. Brücken, die bei Kindern und Jugendlichen anfangen müssen.“
Auf die zahlreichen Freundschaften, die in den vergangenen Jahren zwischen deutschen und polnischen Jugendlichen entstanden seien, macht Diözesanjugendpfarrer Detlef Pötzl aufmerksam. Emilia kann das nur bestätigen: „Ich habe im letzten Jahr viele neue Leute kennengelernt, mit denen ich immer noch Kontakt habe.“ Das Besondere an den Begegnungsfahrten sei, dass man viel miteinander lache und gemeinsam mit Gleichaltrigen erlebe, die man oft erst zum ersten Mal treffe. Fragt man Emilia nach den Unterschieden zwischen deutschen und polnischen Jugendlichen, muss sie lange überlegen. „Wir sind eigentlich gleich“, findet sie. Und dann fällt ihr doch noch etwas ein: die Sprache sei natürlich ein Unterschied. „Aber das ist kein Problem – wir verständigen uns irgendwie in Englisch oder Deutsch und mit Händen und Füßen“, lacht sie.
Bamberg und Stettin-Cammin verbindet eine langjährige Partnerschaft auf verschiedenen Ebenen. Diese geht auf den Heiligen Otto von Bamberg zurück, der das polnische Erzbistum gegründet hat. Den Jugendaustausch gibt es seit 2002. Seitdem nehmen jährlich Gruppen aus Bamberg am diözesanen Jugendtreffen in Stettin-Cammin teil, während polnische Jugendliche regelmäßig für mehrere Tage zu Gast in Bamberg sind. Im Laufe der Jahre sei die Partnerschaft stark gewachsen und immer mehr Jugendliche nähmen an den gegenseitigen Treffen teil, so Farrenkopf. Vor allem durch das große Engagement von Geistlichen und Jugendlichen in den zwei Diözesen sei der Jugendaustausch sehr lebendig. Unterstützt wird dieser durch die beiden Bistümer, das Jugendamt der Erzdiözese Bamberg das Jugendhaus Burg Feuerstein sowie das Deutsch-Polnische Jugendwerk.
Während sich Emilia erst einmal auf den Austausch im nächsten Jahr freut, blickt Pötzl bereits weiter in die Zukunft: auf den Weltjugendtag, der 2016 in Krakau stattfindet. „Wir werden die Tage der Begegnung vor dem eigentlichen Weltjugendtag in Stettin verbringen und sind darüber sehr glücklich“, ist er davon überzeugt, dass die Beziehungen zwischen den Jugendlichen in den Diözesen in Zukunft noch weiter vertieft werden können.