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Sie können die Menschen nicht retten …

Weltfreiwilligendienst
Datum:
Veröffentlicht: 18.12.12
Von:
Volker Poerschke

Erfahrungen von „Weltfreiwilligen“ aus dem Erzbistum Bamberg

Die ersten vier Monate ihres Einsatzes liegen hinter ihnen, das Heimweh ist überwunden, die ersten Eindrücke sind prägend. Die ersten Erfahrungsberichte der 18 jungen Menschen aus dem Erzbistum Bamberg vor, die im September vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Rahmen des Weltfreiwilligenprogramms „weltwärts“ nach Südamerika, Afrika und Asien entsendet worden waren liegen vor.

Bamberg. Die ersten vier Monate ihres Einsatzes liegen hinter ihnen, das Heimweh ist überwunden, die ersten Eindrücke sind prägend. Die ersten Erfahrungsberichte der 18 jungen Menschen aus dem Erzbistum Bamberg vor, die im September vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Rahmen des Weltfreiwilligenprogramms „weltwärts“ nach Südamerika, Afrika und Asien entsendet worden waren liegen vor. „Durch die Begegnung mit der Armut hier in Indien ist mir bewusst geworden, wie reich ich selbst eigentlich bin und wie wenig ich das eigentlich zu schätzen weiß“, schreibt etwa die 19-jährige Lucia Eisentraut aus Hohenpölz, die als Freiwillige ein Jahr in einem Altenheim der Franziskusschwestern im indischen Kotagiri arbeitet.

Die sozialen Projekte, in denen die Freiwilligen eingesetzt sind, haben einen engen Bezug zum Erzbistum Bamberg, beispielsweise über die Bistumspartnerschaft mit der Diözese Thiès im Senegal, die Konvente der Franziskanerinnen von Vierzehnheiligen in Peru und Indien, den Missionskreis Ayopaya in Bolivien oder die neue Partnerschaft des BDKJ mit der Diözese Rulenge/Ngara in Tansania. Der Großteil der „Weltwärtsler“ arbeitet mit Kindern in Waisenhäusern, Kindergärten oder Internaten. „Wir sind jedoch auch immer bemüht, Einsatzstellen zu finden, die optimal zu den jungen Freiwilligen, ihren Erfahrungen und Qualifikationen passen“, erklärt Alexandra Keller, zuständige Referentin für die Weltfreiwilligendienste beim BDKJ. Eine junge, bereits ausgebildete Krankenschwester sei beispielsweise in einem Krankenhaus im Senegal eingesetzt, in Tansania eine Sozialpädagogin in einem Rehaprojekt für Menschen mit Behinderung.

Auseinandersetzung mit sich selbst

Die wohl wichtigste Eigenschaft für ihren Einsatz in Indien, so Lucia Eisentraut, sei sicherlich Aufgeschlossenheit, die Bereitschaft, Neues kennenzulernen und ohne Berührungsängste auf die Menschen zuzugehen. Außerdem wolle man ja niemandem zur Last fallen, daher sei es wichtig, auch selbständig und eigeninitiativ arbeiten zu können. Lucia hilft im Altenheim beim Essen reichen, unterstützt wo sie kann in der Pflege und erledigt Küchen-, Haus- und Gartenarbeiten. Alles gar nicht so leicht in einem fremden Land mit fremder Sprache. Neben dem Lernen der Sprache im Einsatzland – Spanisch, Französisch, Englisch aber auch Quechua, Kisuaheli, Wolof, Tamil oder Malaylam – ist jedoch die Auseinandersetzung mit sich selbst die wohl größte Herausforderung für die jungen Menschen. „Als Europäer denkt man ja, dass Indien ein ,armes Land‘ ist“, schreibt Lucia. „Aber trotzdem spenden die Menschen hier für andere, die noch weniger haben.“ Wenn sie dann daran denke, was sie selbst alles habe, was das gekostet hat, „dann habe ich teilweise ein richtig schlechtes Gewissen, dass ich so eine ,reiche Weiße‘ bin.“ Die Frage bleibe: „Was kann man daran ändern?“. Seinen eigenen Reichtum aufzugeben und selbst in Armut zu leben würde den Lebensstandard der Menschen in Indien ja auch nicht verbessern. „Es müsste etwas auf höherer, politischer Ebene geschehen, um wirklich Gerechtigkeit in der Welt zu schaffen – oder ist das auch wieder nur eine Rechtfertigung des eigenen Luxus?“, fragt sich die 19-Jährige.

Die Erkenntnis vieler Freiwilliger, die über den BDKJ zu ihrem Freiwilligendienst in die Welt aufgebrochen sind, fasst Alexandra Keller so zusammen: „Trotz ihres großen Engagements und persönlichen Einsatzes werden sie die Menschen nicht retten können, aber sie können helfen, die Lebenswelt dieser Menschen für die Dauer ihres Einsatzes in den sozialen Projekten etwas zu verbessern“.