Staatliche Konkurrenz bedroht FSJ

Bestehende Freiwilligendienste fördern statt unnötige Parallelstrukturen aufbauen

Bamberg. „Ich verstehe einfach nicht, warum die Regierung eine staatliche Konkurrenz zum FSJ aufbauen will“, sagt Cornelia Kühn, FSJ-Referentin des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Bamberg. Ihre Befürchtung: Dem freiwilligen Zivildienst könnten mehr Mittel zur Verfügung stehen als dem FSJ – sowohl für die Absicherung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, als auch für die Einsatzstellen. Freiwillige und Verantwortliche der Einsatzstellen könnten so quasi finanziell motiviert werden, sich gegen das bisherige FSJ zu entscheiden. „Das wäre dann das Aus für das FSJ“, meint Kühn. Dabei bezweifelt sie, ob ein freiwilliger Zivildienst des Staats die gleiche Qualität bietet, wie das FSJ – ein erprobtes Beispiel für erfolgreiches zivilgesellschaftliches Engagement.
Dabei läuft das FSJ bundesweit gut. Rund 37.000 Freiwillige zwischen 16 und 27 Jahren sind derzeit im Einsatz in Altenheimen, Krankenhäusern, in der Behindertenhilfe oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Im Erzbistum Bamberg bewerben sich jedes Jahr 200 Jugendliche und junge Erwachsene für einen der 50 FSJ-Plätze, die der BDKJ und die Caritas anbieten. Und es könnten noch viel mehr sein, weiß FSJ-Referentin Kühn: „Wir haben Anfragen von 72 Einsatzstellen, die alle gerne einen FSJler nehmen würden“. Das Problem: Es fehlen die Mittel. Die Betreuung und pädagogische Begleitung der Freiwilligen vor Ort – mindestens 25 Seminartage sind eingeplant für soziale und Persönlichkeitsbildung – sind personal- und kostenintensiv. Cornelia Kühn ist für jeden „ihrer“ Freiwilligen und die Einsatzstellen ansprechbar, schaut regelmäßig in den Einsatzstellen vorbei. „Das macht auch die Qualität des FSJ aus“, sagt sie. „Mir ist es einfach wichtig, dass die Jugendlichen etwas von ihrem freiwilligen Einsatz haben“, erklärt Kühn.
Wie etwa der 20-jährige Matthias Fuchs. Er ist in der Tagespflege der Caritas-Sozialstation St. Kilian in Hallstadt eingesetzt. „Ich wollte nach dem Abitur nicht gleich an die Uni“, sagt er. Sich ein Jahr lang freiwillig sozial zu engagieren, dazu hatten ihn auch die Erfahrungen mit seinem behinderten Cousin motiviert. „Das FSJ hat mir persönlich unglaublich viel gebracht – ich habe viel über mich selbst gelernt“, meint Fuchs. Das FSJ ist ein Jahr der Orientierung, für viele Jugendliche auch eine Chance, in soziale Berufe reinzuschnuppern. So wie Sabrina Schlund. Die 23-Jährige arbeitet als FSJlerin in der Pflege im Caritas-Seniorenzentrum St. Kilian. „Sabrina hat sich so gut entwickelt, dass wir uns gut vorstellen können, sie als Altenhelferin zu übernehmen“, sagt Barbara Schmitt, Leiterin des Altenheims in Trägerschaft des Caritasverbands für den Landkreis Bamberg. „Wir hatten früher vier Zivildienstleistende, aber ich habe das Gefühl, mit dem FSJ läuft es runder“, sagt sie. Jutta Kutnyak, Geschäftsführerin des Caritasverbands für den Landkreis Bamberg ergänzt: „In unseren sechs Einrichtungen sind wir seit der politischen Diskussionen um den Zivildienst – zuerst Verkürzung auf neun, seit Juli auf sechs Monate – komplett auf FSJler umgestiegen.“ Auch Barbara Borschert, beim Caritas-Diözesanverband zuständig für das FSJ, bestätigt, dass die Anfragen der Einsatzstellen seit der Diskussionen um den Zivildienst gestiegen seien.
Der Zivildienst ist also schon seit längerem ein Auslaufmodell. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht würde er nun ganz wegfallen. Der Bundesarbeitskreis FSJ vermutet, dass Bundesministerin Schröder mit ihren Plänen nicht nur der Unterversorgung mit Zivildienstleistenden entgegentreten, sondern vor allem die Zivildienststruktur – das Bundesamt für Zivildienst und die Zivildienstschulen – aufrecht erhalten will. Ob dabei jedoch die erprobte Qualität des FSJ zu gewährleisten ist, wagt Cornelia Kühn zu bezweifeln und fordert: „Mit den frei werdenden Mitteln aus dem bisherigen Zivildienst sollte das bestehende FSJ ausgebaut werden“. Dabei müssten jedoch auch die bisherigen Qualitätsstandards erhalten bzw. ausgebaut werden.