Zum Inhalt springen

Völkerverständigung bei Bratwurst und Kraut

Hilfe die Franken kommen
Datum:
Veröffentlicht: 2.4.10
Von:
Elke

Bamberger lernen die senegalesische Jugendarbeit kennen und bringen ein Stück fränkische Heimat nach Afrika

Viel Input, senegalesische Jugendarbeit live und die Erkenntnis, dass fränkische Bratwurst und Sauerkraut sämtliche Hemmschwellen verschwinden lassen: Tag fünf im Senegal.

Thiès. Heute Morgen bin ich zum ersten Mal nicht vom Morgengebet des Muezzin aufgewacht, sondern von Agnes Handywecker. Resümee der Nacht: keine Stiche, nicht gefroren. Nach dem jetzt schon um Salami und teilweise Fruchtsaft bereicherten Frühstück steigen wir heute mal nicht in den Bus, sondern bleiben in unserer Unterkunft bzw. im angrenzenden Jugendcenter. Wir führen den gegenseitigen Austausch mit den Senegalesen fort.

Als Einstieg stellt sich jeder kurz noch einmal vor, weil auf senegalesischer Seite ein paar neue Gesichter dazu gekommen sind.

Dann gibt unser „Abbe“ Detlef Pötzl eine allgemeine Einführung in die Jugendverbandsarbeit in der Erzdiözese Bamberg. Insgesamt gibt es bei uns neun  verschiedene Jugendverbände, Näheres können Interessierte ja auf der Website des BDKJ lesen. In unserer Reisegruppe sind insgesamt fünf dieser Verbände durch einen oder mehrere Mitglieder vertreten. Jeder Verband wird von einem von uns vorgestellt: Was macht der Verband, wo liegen Schwerpunkte, wie ist er entstanden, welche Strukturen gibt es. Nachdem die Sprache ja immer eine mehr oder weniger große Barriere darstellt, übersetzt Kathrin für die Senegalesen alles ins Französische.

Danach stellt Abbe Pierre (der „Detlef“ von Thiès) die Strukturen der Jugendverbandsarbeit in seiner Diözese vor. Gabriel, der gut Deutsch spricht, übersetzt hier für uns.

Vom Prinzip her ist es ähnlich wie bei uns: Auch im Senegal gibt es verschiedene Verbände, die durchaus vergleichbar mit den unseren sind. Es gibt eine Vereinigung, die CWAW. Sie ist vom Prinzip her die „Basis“, auf ihr bauen dann die eigentlichen Jugendverbände auf. Hier werden Grundlagen des allgemeinen gesellschaftlichen Lebens vermittelt. Wie z. B. Gesundheitsvorsorge (auch im Bezug auf Aids); wie werde ich ein guter, mündiger Bürger; Sozialkompetenzen usw.. Die CWAW gibt es in jeder katholischen Pfarrei, somit haben grundsätzlich alle Kinder die Möglichkeit, hier dabei zu sein bzw. sind mit dabei.

Als eigenständige Verbände gibt es in Thiès vier verschiedene: Die Pfadfinder, die CAJ, die Landjugend und einen Schülerverband. Die Senegalesen, die uns begleiten und die wir bisher kennen gelernt haben, sind zum größten Teil Pfadfinder. Dieser Verband ist auch gemessen an den Mitgliederzahlen der größte in der Diözese Thiès.

Einen Zusammenschluss der einzelnen Verbände unter einem Dach wie bei uns den BDKJ gibt es nicht. Doch die einzelnen Verbände kooperieren bei verschiedenen Projekten miteinander. Und es gibt zu diesem Zweck immer wieder gemeinsame Treffen der einzelnen Verbandsleitungen.

Nach den vielen Informationen schließt sich eine Frage- und Diskussionsrunde an. Nach einer kurzen Umbaupause zeigt uns Tina mit dem herbeigeschafften Beamer noch unseren „Vorstellungsfilm“ der einzelnen Verbände.

Hier fasziniert es mich wieder, wie technisiert das Leben hier unten doch auch ist. Das Zeitalter der Informationstechnologie ist hier auch schon angekommen. Ob Beamer, Computer, Handy, W-Lan oder MP3-Player, alles da. Zwar nicht immer das neueste Modell, doch man hat es.

Aus der Küche des Jugendcenters riecht es schon lecker und es schließt sich ein gemeinsames Mittagessen mit unseren senegalesischen Freunden an.

Die Temperaturen sind mittlerweile wieder über die 30-Grad-Grenze gestiegen  und wir haben bis 16 Uhr Zeit, uns etwas auszuruhen, um dann, aufgeteilt in drei Kleingruppen, Jugendgruppen und Gruppenstunden vor Ort in drei Pfarreien in Thiès zu besuchen.

Eine Gruppe besucht „St. Anne“, die Pfarrei, zu der das Jugendcenter gehört, eine andere Gruppe geht nach „St. Baptiste“. Und Peter, Sophie, Konstanze, Agnes, Anna, Beatrice und ich fahren in die Pfarrei „Marie Reine“ . Nicola, der sehr gut Englisch spricht, begleitet uns und organisiert gleich mal zwei tolle Taxen. Die Taxifahrt ist wieder ein Highlight, wenn man überlegt, dass die Autos bei uns nicht mehr fahren würden bzw. aus den Verkehr gezogen würden.

Als wir ankommen herrscht ein munteres Treiben auf dem Gelände um und in der Kirche. Putzen für Ostern ist angesagt. Bzw. für den Besuch des Bischofs, der morgen hier einen Gottesdienst feiern wird. Wir werden von einem der vier Priester begrüßt und dann herumgeführt. Eine Gruppe Schülerinnen übt einen Tanz für die Festlichkeiten am kommenden Sonntag zum Unabhängigkeitstag ein. Eine andere Gruppe kleinerer Kinder malt Ostereier an, ganz wie bei uns zu Hause. Nebenan gibt es ein Frauenbildungszentrum, das von Schwestern geleitet wird. Zwei Französisch sprechende Kanadierinnen bringen hier jungen Frauen Hauswirtschaft, Gartenarbeit und Handarbeiten wie Schneidern und Nähen bei. Wir besichtigen den Pfarreigarten und schauen uns die kleine Schweinezucht an. Für das Essen morgen Abend für den Bischofsbesuch wird dann auch – während wir da sind - ein Schwein geschlachtet.

Die Vorsteherin der Schwesterngemeinschaft, Schwester Marie-Augustine, zeigt uns noch den Kindergarten und erzählt uns etwas zur Einrichtung. Zum Abschluss treffen wir noch den stellvertretenden Chef der Pfarrei. Er hat uns wohl gestern schon im Gottesdienst gesehen und freut sich über unseren Besuch. Wir haben natürlich auch einige Geschenke für die Kinder- und Jugendgruppen mitgebracht: Stifte, Kugelschreiber, Blöcke und einen Fußball. Nachdem wir die Sachen an den Abbe übergeben haben, verabschieden wir uns und fahren mit dem Taxi wieder zum Maison due Pretre.

Die anderen sind teilweise auch schon wieder zurück. Nachdem es nun schon wieder nach 18 Uhr ist, heißt es: Duschen, frisch machen und umziehen für unseren „bayerisch-fränkischen“ Abend.

Die mitgebrachten Bratwürste werden aufgetaut, was bei diesen Temperaturen in kürzester Zeit geschehen ist. Wir haben sie von zu Hause im gebrühten Zustand und eingeschweißt mitgebracht, ebenso Sauerkraut.

Die Mädels werfen sich in das bayerische „Busen-zeige-Kleid“, kurz Dirndl, einige der Junges legen ihre Lederhosen an, damit wir auch optisch etwas hermachen. Unser Auftritt bringt natürlich sofort einige Komplimente von senegalesischer Seite ein.

Nun müssen wir es natürlich noch hinkriegen, dass die skeptischen Frauen aus der Küche das Sauerkraut auch wirklich ohne Öl und einfach nur mit etwas Wasser und ohne scharfes Gewürz warm machen. Die Frauen können sich gar nicht vorstellen, dass man das Essen vor allem ohne Öl zubereiten kann. Aber sie geben schließlich nach und machen es so, wie Tina es ihnen gesagt hat. Für die Bratwürste werden Matthias und Daniel zum Braten in die Küche abgestellt, damit hier nichts schief geht.

Die Tische werden mit fränkischen Fähnchen dekoriert, um etwas Atmosphäre zu schaffen. Und dann macht es wieder „Patsch“ und der Strom fällt wieder - wie jeden Abend - für eine ungewisse Zeit aus. Also gibt es heute wieder Candlelight-Dinner. Auch schön.

Neben unseren bayerisch/fränkischen Spezialitäten gibt es noch Salat und Weißbrot. Und, auch nicht zu verachten, gekühlte (!) Getränke. Das Essen schmeckt auch den Senegalesen. Angeblich hat Nikola 25 Nürnberger gegessen. O-Ton von Gabriel nach dem Essen: „Ich hab gegessen wie ein Schwein!“ Was so viel heißt wie: „Ich hab so viel gegessen, dass ich fast platze, so gut war es.“ Und ich muss echt sagen, die Würste sind unter den gegebenen Umständen wirklich lecker. Und das Sauerkraut natürlich auch. Ein echtes Stück Heimat in der Fremde!

Die Stimmung in der Küche wird immer besser - echte Völkerverständigung. Und unsere mitgebrachte CD mit bayerischen Liedgut tut ihr Übriges zur fabelhaften Stimmung. Der senegalesische DJ spielt unsere Musik ab und wir tanzen und singen dazu. Und es dauert nicht lange, da sind die Senegalesen mit auf der Tanzfläche. Und wir merken deutlich: Die Berührungsängste und Vorbehalte, die einfach noch vorhanden waren, werden sich heute Abend wohl fast gänzlich in Wohlgefallen auflösen.

Es sind größtenteils „schwarz-weiß“ gemischte Paare auf der Tanzfläche und sogar unser „Abbe“ Detlef läßt sich zu einem Tänzchen hinreißen. Hinreißend! Senegalesische Musik mit in Dirndl und Lederhosen tanzenden Menschen ist auch ein wirklich nicht alltäglicher Anblick. Wie schon gesagt: es herrscht eine super Stimmung. Und wenn man den anderen nicht versteht, sagt ein Lächeln auch mehr als tausend Worte. Das „Fliegerlied“ ist ein Highlight, wir Deutschen singen und gestikulieren, die Senegalesen machen kräftig mit.

Einige der Senegalesen schlafen heute in einem Übernachtungshaus des Jugendcenters, um morgen früh pünktlich zu sein. Denn wir wollen früh um 8 Uhr schon losfahren, weil es nach Touba sehr weit ist. Deshalb macht der DJ dann auch um 1 Uhr Schluss mit der Musik. Gegen halb zwei verabschieden wir uns dann von den Senegalesen, wünschen eine „Gute Nacht“ und gehen über den Hof „nach Hause“ in unsere Unterkunft.

 

Alle Tagesberichte und viele bildliche Eindrücke der Senegalreise findet ihr hier.